Written by 21:05 Österreich, Kärnten, Mehrtagestour, Tirol, Tourtagebuch, Weitwandern • 5 Comments

Gailtaler Höhenweg

In 5 Tagen von Osttirol zum Reißkofel

Der Gailtaler Höhenweg gilt für die wenigen, die ihn kennen, als ‘kleiner Bruder’ des Karnischen Höhenweges. Er verläuft über eine vergleichbare Wegdistanz ebenfalls von Osttirol ins Villacher Becken, allerdings einen Gebirgszug weiter nördlich. Sein Schattendasein rührt in erster Linie daher, dass es über die gesamte Wegstrecke kaum Hütten gibt, die sich als Beherberger verstehen. In anderen Worten: Großartige Voraussetzungen für eine Selbstversorgertour.

Über die genaue Weglänge ist man sich selbst bei den betreuenden Sektionen nicht so recht im Klaren: Die einen sehen seinen Beginn in Kartitsch in Osttirol, und lassen ihn am Gailbergsattel wieder enden, für andere beginnt der Weg am Gailbergsattel und endet westlich vom Dobratsch auf der Windischen Höhe. Zum Glück gibt es aber einen soliden Wanderführer über alle Abschnitte, den man zB über den Tourismusverband Lesachtal gegen einen geringen Unkostenbetrag beziehen kann.

Wem diese Einleitung bekannt vorkommt: Genauso begann mein Tourenbericht der ersten Begehung vor 13 Jahren – verändert hat sich dort ja nicht viel … oder doch? Was auf jeden Fall neu ist: Diesmal muss ich nicht alleine losziehen wie damals im Mai 2011, denn einmal mehr bedarf es keiner großen Anstrengung, um die wackere Frau S. trotz ihrer weiten Anreise für dieses Vorhaben zu begeistern. Sechs Tage hamma insgesamt Zeit – wie weit wir kommen, ist eigentlich egal.

Unser Plan: Kein besonders ausgefeilter – irgendwas wird sich schon ergeben. Schlafsack und Kochzeug haben wir mit, aufs Zelt haben wir aus Gewichtsgründen verzichtet (was sich als etwas zu optimistisch entpuppen wird, aber was solls).

Von St. Oswald bei Kartitsch, wo man gut mit dem Bus hinkommt, geht es auf den Dorfberg, wo man auch gleichzeitig die 2000er-Grenze durchbricht und weiter auf den Golzentipp, schon eher ein 2300er. Auch wenn die Fotos das nicht gleich verraten: Das Wetter tagsüber ist perfekt, und die Aufstiegshöhenmeter dank erträglicher Temperaturen gut zu meistern.

Allerdings droht Ungemach: Schon am Weg Richtung Kutteschupfen ziehen weitere feucht-unfröhliche Wolken auf ….

… und auch um die Ecke, beim Blick auf den weiteren Wegverlauf – rechts an den Gipfeln vorbei, dann rauf, insgesamt aber doch noch etwa 5 Stunden – war äußerst zweifelhaft, dass wir das noch trockenen Fußes schaffen.

Also erstmal Pause machen. Eine versteckte Sennerhütte etwas abseits des Weges versprach Aussicht auf ein Pausenbier. Hier lernen wir einen der nettesten Senner der Ostalpen und seinen muhenden, meckernden und krähenden Hofstaat kennen …

… der uns, als es kaum eine halbe Stunde später zu tröpfeln begann, seine Gastfreundschaft anbot: Wir durften in der Hütte übernachten und bekamen darüberhinaus noch Halbpension! Den Vorschlag, dass er dafür Geld kriegen sollte, lehnte er empört ab.
Der Abend mit den Sennern/Jägern/Einheimischen, die am Nachmittag noch vorbeischauten, sowie der insgesamt super-sympathische Abend bei *** gehört zu den Erlebnissen, die man nie mehr vergisst.

Am nächsten Morgen ist früh Tag, die Ziegen, Kühe, Puten sind ja keine Langschläfer. Wir schneuzen und kampeln uns und machen uns bei leichtem Niesel auf den Weg Richtung Gumpedall und Hals, zwei Übergänge auf jeweils ca. 2000 m Seehöhe.

Auf diesem Abschnitt ist das einzige Mal auf dem oberen Abschnitt des GHW ein bisserl zum Aufpassen, aber auch nur, weil es die Nacht über geregnet hat, und der Weg noch ein bisserl schlatzig war.

Die AV Sektion Austria (und später dann die Sektion Obergailtal) hält den Weg aber super in Schuss. Auch wenn das Foto das wiedermal nicht zeigen kann: Ohne die Stufen entlang des “Halses” ist das Stück hier sicher nur halb so lustig.

Am Hals(-sattel) angekommen …

… geht es im Steilflug hinunter zur Lotteralm. Rund 700 Höhenmeter sind zurückzugeben …

… bevor man bei der Hirtenhütte ankommt, die als Selbstversorgerhütte für die Begeher des GHW eine wichtige Station darstellt. Der Senner ist gerade da und lädt uns ein, die Nacht in der Hütte zu verbringen. Es gäbe Getränke im Brunnen und eine gut gefüllte Speisekammer …

Doch wir haben für heute noch nicht genug – das Wetter ist OK, und der Tag erlaubt noch ein paar Strawanzerstunden.

Also schwitzen wir uns am frühen Nachmittag zum Guggenberger Sattel hinauf (der direkte Weg ist verfallen, man folgt hier dem Forstweg), und gönnen uns Kaffee & Kuchen bei der sympathischen Wieseralm.

Am frühen Abend erreichen wir das Tuffbad. Uns ist klar, dass es in einem Wellnesshotel kein Matratzenlager gibt, aber fragen tun wir trotzdem. Aber – leider nein, kein Herz für Wanderer, unter 200 Euro pro Kopf spielt sich da nix ab.
Wir überlegen, einfach da in der Wiese zu biwakieren, aber der Wetterradar verspricht Regen in der Nacht. Also hängen wir noch eine Stunde an und gehen ins Tal.

Nächster Morgen: von St. Lorenzen folgen wir dem “Höfewanderweg” nach Liesing. Wieder soll es in der zweiten Tageshälfte Niederschlag geben, und wir sind beide nicht besonders motiviert, eine doch recht lange Etappe zur nächsten Selbstversorgerhütte abzuspulen.

Also nehmen wir alles, wie es kommt, genießen den Bauernhofweg und suchen uns bereits am frühen Nachmittag in Liesing ein Quartier.
(was sich wieder als goldene Entscheidung erwies: Genau an diesem Abend gab der Theaterverein Liesing eine Vorstellung, und obwohl ich anfangs nicht besonders motiviert war, möchte ich diesen Riesenspaß im Nachhinein nicht missen!)

Gut gelaunt ging es dann am nächsten Tag weiter auf die Mussen. Starten konnten wir dank der “Mitfahrbankerl” im Lesachtal im für uns günstigeren St. Jakob.

Zur Mittagszeit gab es Couscous inmitten der berühmten Blumenwiesen (die aber um die Zeit im Jahr natürlich schon abgemäht waren).

Da oben spielt sich’s ab – und es gibt auch ohne Blumen immer noch genug zu schauen!

Genächtigt wird diesmal auf dem Gailbergsattel. Da war ich schon öfters im Zuge verschiedenster Wanderungen und mag das Haus sehr gern.

Nächster Morgen und letzte Tagesetappe. Am Programm steht die längste Tagesetappe vom Gailbergsattel über Jukbichel und Jauken zum Reißkofelbiwak, ca. 27 km und knapp 1800 Höhenmeter.

Ausgedehnte Brennesselfelder sorgen für lustige Gesichter.

Die ersten 900 Höhenmeter werden gleich in der Früh erledigt – am Weg vom Gailbersattel hinauf zur Kötschacher Ochsenalm.

Der Jukbichl (oder “Jukbühel”) ist heute nicht unser höchster Punkt, aber die Aussicht dort sucht ihresgleichen.

Weiter geht’s runter zur Dellacher Alm, wo es keine Einkehr gibt – ein Wald auf der “Fürstlichen Alm” (schöner Name, gell?) bietet genug schöne Plätze für die Mittagsrast.

Wieder geht’s ein paarhundert Höhenmeter rauf …

… mit Blick aufs Gailtal …

…. und bald auch Richtung Reißkofel …

… bevor dann auch eine der schönsten Almen Kärntens erreicht war – die Jaukenalm

… wo wir – wie bisher überall auf der Strecke – eine voll sympathische Almhalter-Familie kennenlernen durften – noch dazu mit _äußerst_ lässigem Biersortiment.

Zu lange faulenzen war jedoch nicht drinnen – denn die Uhr zeigte bereits 17:00, und wir hatten noch rund 2 1/2 Stunden vor uns.
Aber genau diese spätnachmittägliche Stimmung war genial …

… und wir nahmen die Steilwiesen samt grandioser Aussicht, wie sie kamen.

Irgendwann wollte uns die Sonne nicht mehr begleiten ….

… aber da war das Reißkofelbiwak auch nicht mehr allzuweit entfernt.

Solange es ging, sahen wir dem Gailtal beim Finsterwerden zu, um uns dann an unsere letzten Tee- und Wodkareserven zu machen.

Zum Essen gab es Nudeln a la Rosmarinöl, statt Parmesan gab es Gailtaler Almkäse von der Jaukenalm.

Letzter Morgen: Das Frühstück haben wir auch bei der Jaukenalm bekommen – was für ein Start in den Tag.

Nachdem alles wieder sauber war, verabschiedeten wir uns von dieser tollen Nächtigungsmöglichkeit …

… für die wir uns – bereits wieder daheim – bei der Sektion Obergailtal mit einer Spende bedankt haben.

Ein letzter Blick noch auf den Namensgeber des Höhenweges, hier mit dem Pumpkraftwerk Würmlach links (die “Waben”) und Kötschach rechts hinten im Tal.

Wir stürzen uns diretissima ins Tal und kommen mit den Öffis in einer Stunde retour zum Auto.

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Schlagwörter: , Last modified: 3. September 2024
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