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[Tag 47 & 48] Segway to Hell

Wie am Meraner Höhenweg waren mir am Vinschger Höhenweg auch nur zwei Tage beschieden – die hatten es allerdings in sich. 56 Kilometer und 3100 Höhenmeter – und das im Juli. Im heißesten Tal Italiens.

Die Vinschgauer Berge stehen so hoch in den Himmel, dass sich selten eine Regenwolke in die Region zwischen Reschenpass und Reinhold Messners Schloß Juval verirrt. Die Meteorologen meinen sogar, dass es in Sizilien über das Jahr gesehen kälter ist als hier. Glaub ich ihnen sofort.

Die Übernachtung auf knapp 1800 m Seehöhe war allerdings sorgenfrei. Urlaub am Bauernhof für eine Nacht – und die sympathische Familie am Gehöft Oberkaser versorgte die anwesende Wanderschar am nächsten Morgen mit einem großartigen Frühstück aus eigener Produktion.

Wie’s dann ums Bezahlen ging, übernahm die Chefin selbst die Geschäfte …

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… und nachdem ich schuldenfrei war, durfte ich losziehen. Eine Hofwanderung stand heute auf dem Programm – auf Höhen rund um 2000 m kann man im Vinschgau von (Ganzjahres-)Hof zu Hof ziehen – unglaublich eigentlich. Und das in steilem Wiesengelände. Und ich habe gedacht, ich hätte im Mölltal schon alles gesehen …

Etliche Anwesen am Weg ließ man im 20. Jahrhundert verfallen – schwierige Lage, die Bewässerung ein Lotteriespiel, aufkommende Monokultur in den begünstigten Lagen, ehschowissen. Man fragt sich unweigerlich, wer überhaupt auf die Idee gekommen ist, ausgerechnet da oben im 50Grad-Winkel mit dem Bau eines Hofes anzufangen.

Auf den schmalen, jedoch heute mountainbiketauglichen Wegen inmitten der Steilwiesen finden sich im 10-Minuten-Takt Gedenktafeln an abgestürzte Bergbauern, die daran erinnern, dass die Wege zwischen den Höfen nicht immer so großzügig ausgebaut waren, wie sie sich heute zeigen.

400 Höhenmeter tiefer ist wieder alles viel einfacher …

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… und heißer! Auf einem längeren Bergstraßenhatscher ist mir doch tatsächlich wegen dem beinahe kochenden Asphalt der Kleber der Einlegesohlen aufgeweicht! Die ganze Zeit denke ich mir schon “was ist denn heute mit den Socken los, eine derart innige Verbindung mit den Schuhen ist mir neu”. So war schon zu Mittag, als ich auf dem einzigen Schattenbankerl Südtirols den Kleber aus der Sockenferse kletzelte, irgendwie klar, dass ich nun wohl definitiv im Süden angekommen bin.

Abwechslungsreiche Steige mischen sich zwischen die schönen Hofwege, so wie hier, wo es aussichtsreich rund um eine Felsnase ging.

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Unterwegs Hinweise auf die historischen Wurzeln des Segways …
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Der Weg zum (für mich) letzten Quartier am Vinschger Höhenweg, dem GH Paflur in Tanas, hat sich ungefähr genauso gezaht wie der Kleber in der Sockenwolle. Gefühlte 10 Mal habe ich geglaubt, der Alpengasthof ist nur mehr eine Fichtenwipfelgruppe entfernt, doch hinter den Wipfeln standen noch erstaunlich viele andere Fichtenwipfel zwischen mir und der heiß herbeigesehnten Bleibe.

Und markieren tut hier offenbar die ASFINAG (“nur mehr 2 km bis zum Ende der Fichtenwipfelstrecke”)

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Bevor jedoch an diesem gewitterverdächtigen Abend der Vinschgauer Anteil an der Welt unterging, waren alle Vinschgauer Höhenwipfelpilger wohlbehalten in Tanas angekommen. Ganz ohne Segway.

Mahlzeit!

PS: Tag 48 diente der Querung des Etschtales und ist eine reine Verbindungsetappe, die wegen anhaltenden Regens auch eher foto-arm ausfiel.

 

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Schlagwörter: Last modified: 15. April 2019
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