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Grete und die Untergrundbewegung: Unterwegs am Pasterzengletscher

Ein Tag auf dem “ewigen” Eis im Nationalpark Hohe Tauern.

Unser heutiges Tagesziel: Der größte Eislaufplatz in Kärnten oben links. Denn hier auf der Pasterze läuft seit rund 10 000 Jahren jeden Sommer Schmelzwasser vom Nährgebiet – also dem weitaus größeren Teil des Gletschers in der oberen Bildhälfte – ins Zehrgebiet, also dem Teil, der derzeit jedes Jahr kleiner wird. Auch der Eismasse selbst bewegt sich – getrieben durch die Erdanziehungskraft, ständig nach unten. Steht irgendetwas im Weg herum, was für Spannung innerhalb der Masse sorgt, ergeben sich Gletscherspalten. Und deretwegen sind wir hier.

Das, was wir als Pasterze kennen, ist die Zunge in der Mitte des folgenden Bildes, und auf der werden Grete und ich ein wenig herumspazieren. Das, was in dieser Zone ein wenig wie Cellulite aussieht, sind kleinere und größere Risse im Eis.

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Grete hat für unseren Ausflug extra einen Tag freigenommen und ist voller Vorfreude …

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Mit dem Auto geht es auf die Höhe, wo die Pasterze dem namensgebenden Kaiser Franz-Josef im Jahre 1856 noch auf Augenhöhe die Zunge zeigte.

Gletschertrekking (2) (Large)

Heute geht es dort – siehe oberstes Foto – rund 300 Meter in die Tiefe, bevor man zum ersten Mal den Fuß aufs Eis setzt. Also werfen wir uns in die historische Gletscherbahn – einem Aufzug, der uns hinunter in die Tiefe bringt. Selbst von dort geht man noch ein Weilchen bis zum Gletscher. Martin, einer der berühmten “Heiligenbluter Bergführer“, darf uns begleiten. Von Grete bekommt Martin bei unserem Abstieg noch alles erzählt, was er vorab wissen muss:

Gletschertrekking (3) (Large)

An diesem Schild gingen alle außer mir achtlos vorbei. Was heißt da “Ende Ihrer Zeitreise” – wer mein letztes Buch gelesen hat, weiß, dass die Zeitreise genau hier anfängt!

Gletschertrekking (4) (Large)

Unterwegs gelang es mir, den Johannesberg einzufangen, wie er sich – vom Pasterzensee zurückgeworfen, im Himmel spiegelt.

Gletschertrekking (5) (Large)

Das Schild unten haben sie wohl für uns aufgestellt. Nun können wir auch sagen, dass wir am  Glockner waren. Grete schickt – wie immer bei Brücken und fragwürdigen Stellen – jemanden vor, der den Untergrund auf seine Stabilität prüft. Dank seiner zahllosen Glockner-Besteigungen strahlt Martin Ihrer Einschätzung nach eine gewisse Vertrautheit mit dem Gebiet aus.

Gletschertrekking (6) (Large)

Grete bei ihrer Lieblingsbeschäftigung – extravagante Schuhe anprobieren. Ab dem ersten Eiskontakt geht’s nämlich mit Steigeisen weiter. Martin rät uns zum Ganzkörperschutz: Wer am Gletscher ein paar Meter abrutscht, hat vermutlich keine Haut mehr am Knochen, so rauh ist die Oberfläche. Also alles an – Handschuhe, Hauberl, lange Ärmel. Und Gletscherbrille sowieso, weil cool.

Gletschertrekking (7) (Large)

Ab jetzt wird’s wirklich spannend. Alle paar Meter tut sich links-rechts-vorne-hinten ein Schlund auf, und nur selten kann man erahnen, wo man da bei einem Sprung hinein wohl wieder rauskommen würde. Als ich die Vermutung äußerte, dass man über so ein Loch am schnellsten wieder runter nach Heiligenblut kommt, meinte Martin: “Nein, das nicht. Aber nach Kaprun.”

Gletschertrekking (9) (Large)

Grete findet immer wieder einen Panoramaweg, um sich ein wenig die Beine zu vertreten – Martin hat schon gesehen, dass er die Gute nicht zu lange alleine lassen darf!

Gletschertrekking (10) (Large)

Also beschloss er, sie kurzerhand an ein Seil zu hängen, bevor die Sache noch ein böses Ende nimmt. Die Reibeisenfläche wird weggeräumt, um einen Bohrhaken im Boden zu versenken …

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… und Grete prüft den Halt der Eisschraube, die kurz später im Boden steckt.

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Um letzte Zweifel zu entkräften, hängt Martin mich ans Seil, und ich muss fest ziehen. Nun glaubt auch Grete, dass die Sache sicher ist …

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… und stürzt sich geradewegs in die nächste Schlucht!

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Sie hat nämlich zwei Minuten zuvor beschlossen, ihrer latenten Höhenangst den dicken Mittelfinger zu zeigen und sich zu einem der Gletscherbäche abseilen zu lassen. Martin – sehr stolz auf seine Schülerin – hilft ihr am Weg über den “Punkt X”, also diesen absolut ungewohnten Sekundenbruchteil, wo Dir Dein Gleichgewichtsgefühl signalisiert, dass Du nun nach hinten fällst.

Grete macht die ersten Schritte in die Tiefe. Dass sie dabei nach unten sieht, erklärt die Skepsis in ihrem Gesicht:

Gletschertrekking (15) (Large)

Wenn man sich allerdings aus sicherer Entfernung anschaut, wie Martin an die Sache herangeht, dürfte meiner Meinung nach keine unmittelbare Lebensgefahr bestehen. Habe ich gedacht … und dann habe ICH das erste Mal hinuntergesehen, wo sich Grete da herumtreibt …

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… und war augenblicklich froh, dass ich immer noch den “Belastungstest” um den Bauch gebunden hatte 😉

Gletschertrekking (17) (Large)

Für schwindelfreie Leute wäre das wohl eine total unspektakuläre Sache. Ich aber war UNHEIMLICH stolz auf meine heldenhafte Death-in-the-eye-looking-Daredevil-Grete!

 

(Info: No Gretes were harmed during the making of this story.)

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Schlagwörter: , , , , , , , Last modified: 6. März 2016
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