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[Tag 001-010] In 10 Tagen von Wien nach Graz

Die Aufwärmtour ist zu Ende: Zwei lange und ein kurzes Wochenende sind es schlussendlich geworden, um von der Wiener Wohnung zu Fuß nach Graz – dem “offiziellen” Startpunkt meines heurigen Sommerabenteuers zu gelangen. Mit von der Partie: Fräulein A, die mich bis zu den Karnischen Alpen begleiten wird.

Meine neue Heimat Wien Nord ist über weite Strecken nahe am Wasser gebaut. Schon bald überqueren wir die Donau, um durch die wenig fotogene Heiligenstadt nach Grinzing zu gelangen.

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Dort nämlich beginnt nahe an der Stadtgrenze der Wiener Verbindungsweg 444, den ich heuer im Frühjahr bei einer Zweitagestour von Mödling nach Grinzing dazu auserkoren habe, in umgekehrter Richtung den Auftakt am Weg nach Graz zu bilden. Für diesen ca. 60 km langen Abschnitt gibt es bereits zwei (also mindestens zwei) gute Beschreibungen im Netz, weshalb ich es hier auch bei obiger Kurzvorstellung belasse.

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Wir haben Glück mit dem Wetter und freuen uns – denn das Glück ist – wie man weiß – ein Vogerl …

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Überall riecht es nach Frühling, auch die Bundesforste räumen “ihren” Wald auf – der wohl noch ein Jungwald war, als dieser “15er” seinen Dienst aufnahm. In Kärnten hatten wir so einen, und wenn ich in Wien nur ein wenig mehr Platz hätte, bräuchte ich mir nie mehr ein Ticket für die Wiener Linien kaufen. Schade!

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In den unendlichen Weiten des Bärlauchs sprießen auch schon die ersten Schwammerl hervor …

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.. die man von etwas weiter oben gleich noch viel besser sieht.

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Unterwegs begegnen uns immer wieder nette Gesichter – auch diese junge Artistin zog fürs Foto die Mundwinkel freundlich nach unten.

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Seit einige Schreiber im Forum Gipfeltreffen ihre Liebe zur Thematik “Baum frisst Schild” öffentlich machten, muss auch ich aus meinem Fetisch kein Geheimnis mehr machen und sammle seitdem eifrig Bilder wie dieses.

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Und während ich knipse, ist Astrid schon wieder weißgottwo …

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… doch die Bankerl am Weg geben mir immer wieder Gelegenheit, verlorene Meter aufzuholen.

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Ist das ein Braunkehlchen? Schüchtern ist es jedenfalls nicht …

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… immerhin hat es sich die Terrasse des Schutzhauses beim Eisernen Tor als Rastplatz ausgesucht.

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Über Pottenstein kommen wir nach Berndorf, einem weiteren Nächtigungsstopp auf unserer Dreibundesländertour.

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Mir gefällt, was hier auf den Äckern bereits los ist …

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… auch im Wald stößt man auf (bereits ausgestorben geglaubte) Erntetechniken – viele Bäume zeigen kerben-ähnliche Spuren, wie sie üblicherweise von Pechern hinterlassen werden.

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Zwei Tage sind für die “Traverse” über die Hohe Wand und weiter zur Semmeringbahn veranschlagt – eine Strecke, die mangels passendem Wetter eher foto-arm geblieben ist. Einzig die tiefe Verbundenheit, die Fräulein A zu jeder Art von nach unten durchsichtigen Steigen zur Schau trägt, darf hier (mit Genehmigung!) nicht fehlen:

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In Grünbach mussten wir infolge akuter Quartiernot mit der Bahn bis kurz vor Wiener Neustadt auspendeln, um ein Dach über den Kopf zu kriegen. Am nächsten Morgen Regen in Grünbach – der sich jedoch erfreulicherweise bald verabschiedet und uns einen recht angenehmen Anstieg zur Waldburg-Anger-Hütte bescherte. Zu sehen hier übrigens der einzige Ausrüstungsgegenstand, den ich heuer nach Monaco mitnehme, der bisher noch nicht in irgendeiner ähnlichen Form Teil des Standard-Weitwander-Inventars war. Doch ich verspreche mir von der reflektierenden Außenbeschichtung einen großen Komfortgewinn unter der italienischen Mittagssonne. Dass er gleichzeitig auch als Regenschirm zu gebrauchen ist, ist zumindest einmal kein Nachteil für die Frisur.

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Ab Payerbach folgen wir bis auf den Semmering dem historisch spannenden Bahnwanderweg, dessen etwas in die Jahre gekommene Markierung für den einen oder anderen Umweg sorgte. Man möchte meinen, es wäre so einfach – im Zweifelsfall einfach immer der Leitschiene nach …

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… doch das ist tückisch, denn der Weg verläuft oft fernab der Bahngeleise. Unterwegs sorgen gut gemachte Infotafeln für eine Zeitreise zurück ins Industriezeitalter, da man von den Tafeln, die immer wieder einen Schnappschuss des Baufortschrittes zeigen, direkt zum Ort des Geschehens sieht.

Auch die Bevölkerung hängt an “ihrer” Ghega-Bahn und zeigt das durchaus gerne – wie hier auf der Fassade eines Einfamilienhauses:

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Wir beschließen, eines der Semmeringbahn-Viadukte mit der Linie Payerbach-Mürzzuschlag zu überqueren. Im Regionalverkehr kommen ältere Garnituren zum Einsatz, außerdem bleibt die Bahn bei jedem noch so kleinen Bahnhof stehen, sodass man im Unterschied zur RJ-Verbindung tatsächlich Zeit hat, sich ein wenig umzuschauen.

Die kurze Bahnfahrt bringt uns darüber hinaus zum (meiner Meinung nach) besten Einstieg ins Abenteuer Fischbacher Alpen, wo wir darauf hoffen, einen guten Platz für unser Zelt zu finden. Nach 3 Stunden weithin hörbarem Schnaufen ist der höchste Gipfel erreicht, auf dem das bekannte, und dank der Zufahrtsstraße meist auch gut besuchte Alois-Günther-Haus thront. Ich habe hier heroben noch nie zweimal hintereinander bei den selben Pächtern gegessen, mal sehen, wie lange sich die aktuellen Wirtsleute mit einer Nudelsuppe um 4,20 Euro halten.

Das Schnitzel, das selbst für den Gegenwert von vier Nudelsuppen noch nicht zu kriegen war, schlug ich aus, wir zogen Richtung Westen weiter und fanden am Steirischen Stuhleck einen perfekten Zeltplatz. Im Rucksack wieder viel Zeug, mit dem man bei wenig Gewicht ganz tolle Sachen machen kann – wie zum Beispiel Senfpulver:

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Nicht allzu lange nach dem Abendessen bricht die Nacht herein, und um halb 10 ist es schon wieder sehr sehr ruhig auf den Fischbachern …

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Der nächste Tag beginnt – für ein Weitwanderherz – eher traurig: Wegen der Großbaustelle des Windparkes Amundsenhöhe wurde der ehemals aussichtsreiche Kammwanderweg in den Wald hinein verlegt. Auf morastigen Pfaden stapft man eine dreiviertel Stunde durch fades Gehölz, anstatt oben die Aussicht ins Joglland links bzw. rechts zu Hochschwab, Veitsch und Schneeberg zu genießen.

Entschädigt hat uns die freundliche Bewirtung bei den Naturfreunden auf der Pretul. Obwohl wir recht zeitig in der Tür des Roseggerhauses standen, bekamen wir ein wahrlich großzügiges Frühstück und waren so mit der Welt wieder im Reinen.

Ein großes Hallo auch am Weg Richtung Hauereck, wo uns etwa 20 herauspolierte “15er” entgegenkamen.

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Nach soviel Aufregung rührte sich alsbald wieder der kleine Hunger, so war es nur gut, dass wir am frühen Nachmittag beim Schlagobersbauern eintrafen, wo ich schon vor Jahren auf einer “Land der Berge” Wintertour mein Quartier bezog. Auch diesmal sorgte Tom dafür, dass wir nicht hungrig weiterziehen mussten. Freitag ist Backhendltag (… wie auch am Samstag. Oder am Sonntag.)

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Unser ursprünglicher Plan, die zweite Nacht auf der Herrnalm zu verbringen, war nach dem Backhendlschmaus nicht mehr seriös aufrechtzuerhalten. Also disponierten wir um und machten (bei der inzwischen vierten Fischbacher-Überquerung) zum ersten Mal beim Alpengasthof auf der Schanz Station, wo sich Rosie sofort ein Herz nahm und uns die zwei letzten Lagerplätze überließ. Wie sich herausstellte, bestand dieses “Lager” aus exakt zwei Betten – wir hatten also – bei vollem Hause – noch ein eigenes Zimmer bekommen – was im Kreise sympathischer Mehrtageswanderer bei einem (…) Bier gebührend gefeiert wurde. Am Nebentisch eine militärisch organisierte Abordnung an Mariazeller-Pilgern, die jedoch nach Verlesen der am nächsten Tag einzuhaltenden Zwischenzeiten zeitig in die Schlafstuben entschwand.

Am nächsten Tag die immer wieder tolle Wanderung zur Sommeralm – zuletzt unternommen 2014 für unseren im Vorjahr erschienenen Mehrtages-Wanderführer.

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Auch diesmal nur grauslich und furchtbar und überhaupt.

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Etwa 3,5 Stunden sind für den Weg von der Schanz zum weithin bekannten, Ziehharmonika-spielenden Stroßeggwirt zu veranschlagen. Mittlerweilen sehr vertraut die (bei Weitwanderern Kultstatus genießende) Stroßegger Südwand.

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Einige Kuhfladen später war klar, dass auch auf der Sommeralm bereits reger Betrieb herrscht.

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Nun trennten uns nur mehr etwa 60 Gehminuten von unserer letzten Übernachtung – einer kleinen Selbstversorgerhütte, die ich im Vorjahr bei einer spätwinterlichen Tour auf die verschneite Teichalm kennengelernt habe. Inmitten einer weitläufigen Almwiese gelegen, schaut man von dort kerzengerade in die Weizklamm …

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Den ganzen Abend über ist uns die Aufmerksamkeit der versammelten Jungs und Mädels gewiss.

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Nach einer entspannten Nacht stehen wir zeitig mit den Singvögeln auf, die sich ab etwa 04:45 erstaunlich viel zu erzählen hatten. So kamen wir rechtzeitig zum Frühstück in die Ortsmitte von Passail, wo wir in der Hex’nstubn noch vor dem Kirchenläuten zwei dampfende Spiegeleier nebst rauchendem Kaffee vor uns stehen hatten, und so dem gemütlichen Treiben am Hauptplatz zusahen, bevor wir uns wieder aufmachten, um dem Schöckl zu Leibe zu rücken …

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Wie man sieht, meinte es das Wetter erneut gut mit uns, sodass wir recht lange oben blieben, am Hausberg der Grazer. Und uns passte das – wir waren rundum zufrieden mit dem Verlauf unseres langen Wanderwochenendes, sodass wir beschlossen, es auch gar nicht mit aller Gewalt in den Stadtkern von Graz zu verlängern – wozu auch, die letzte Begehung ist gerade einmal ein Jahr her. Wie ich ja auch überhaupt heuer vorhabe, meine Wanderkilometer nicht über Gebühr in für jedermann erreichbare Asphaltstrecken zu investieren, wenn ich doch in halb Europa die Möglichkeit habe, stattdessen etwas Schöneres zu machen – irgendwo, wo ich ohnehin zu Fuß wohl nicht so oft hinkomme.

Wie eben das altehrwürdige Stubenberghaus, mit dem der Steirische Gebirgsverein damals im Jahre 1889 Zeugnis davon ablegte, dass das Jahr ja doch für irgendetwas gut war.

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Knapp fünf Stunden waren danach für die Rückfahrt mit Gondel, Bus, Bahn, S-Bahn und Straßenbahn zu veranschlagen, um an jenen Punkt zurückzukehren, wo die Tour nach Süden ihren Ausgang nahm. Zwei Wochen sind es nun noch bis zum Startschuss in Graz … große Vorfreude!

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Last modified: 13. Juni 2016
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