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[Tag 085 – 086] Rocciamelone, 3538 m

Mit der Besteigung des höchsten Gipfels auf der gesamten Tour erhielt die Durchquerung der Grajischen Alpen einen besonders schönen Schlusspunkt.

Die zweitägige Überschreitung nahm in Usseglio ihren Ausgang – gemeinsam mit Sonja und Christoph, meinen beiden temporären Leibärzten aus Wels. Zeitig morgens machen wir uns an den 1800 Höhenmeter schweren Aufstieg zum Nachtquartier am Ende von Tag eins, dem Rifugio Ca d’Asti auf 2800irgendwas.

Schon der Aufstieg ist traumhaft schön, über ein Hochtal erreichen wir bei klarem Himmel den Stausee und das nah am Wasser gebaute Rifugio Vulpot – hier ganz hinten zu sehen. In diesem Bericht können übrigens ausnahmsweise alle Bilder vergrößert werden, da ich am Wochenende dickes fettes Internet hatte.

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2000 Höhenmeter oberhalb von Susa gönnte ich mir ein falsches Gipfelbier, steht die Capanna Sociale Aurelio Rivetto ja an einem Pass mit eisernem Kreuz, stimmig “Colle Croce di Ferro” genannt.

Der Blick ins Tal ist enorm cool und von Christoph ist in regelmäßigen Abständen ein ungläubiges “Mah hamma mir a Maassn mitm Wetter!” zu vernehmen. Von hinten links grüßt Turin:

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Unser Ziel, der Rocciamelone, ist ein vorgeschichtlicher Kultplatz, aus dem, wie auch überall sonst in Europa bei solcherart vorbelasteten Stätten, später ein christlicher Wallfahrtsort wurde. Am Gipfel befindet sich Europas höchstgelegene Kapelle, wo jedes Jahr am 5. August bei der traditionellen Gipfelmesse der Teufel los ist. Denn der lange als höchster Gupf der Alpen verkannte 3500er ist mit normaler Wanderausrüstung erreichbar und darüberhinaus nicht weißgottwie schwierig.

Das Publikum im Rifugio d’Asti ist bunt gemischt. Gläubige Pilger fühlen sich beim Seniorchef, einem Hüttenwirt aus Bestimmung, sehr gut aufgehoben. Ihn werden wir am nächsten Tag am Weg retour von der Jungfrau Maria treffen, deren 3 Meter hohe Statue am Gipfel das Kreuz ersetzt. Gipfelstürmer ohne Bußticket werden jedoch bereits hier von einer anderen Jungfrau willkommen geheißen:

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Knapp 700 Meter gilt es am folgenden Morgen zu schultern, weshalb wir uns bereits lange vor Sonnenaufgang auf die Beine machen. Die Aussicht soll nämlich frühmorgens besonders gut sein. Und das stimmt auch – was Christoph – siehe oben – zu Recht nicht unkommentiert lässt.

Hier sieht man übrigens sehr schön den typischen piemontesischen Wolkenstau an einem Berggrat, während sich hinten bereits die Morgensonne wichtig macht:

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Oben am Gipfel wird nach allgemeiner Sprachlosigkeit trotz bzw. wegen der “unglaublichen Wettermaassn” erst einmal ein Panoramafoto für die unten gebliebenen angefertigt (klickiklick zum Vergrößern)

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Und ich darf mich freuen, meinem von überall leicht erkennbaren Leitberg, dem Monviso, bereits auf überschaubare 60 Kilometer nahe gekommen zu sein:

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Der höchsten Maria Europas mache ich vor dem Abstieg meine Aufwartung…

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… wobei mich ganz oben der Blick zu den Viertausendern des Ecrins ablenkt, die ebenfalls nur etwas mehr als 60 Kilometer entfernt sind:

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Im Abstieg haben wir ständig das sich 3000 (!) Höhenmeter weiter unten ausbreitende Susa-Tal im Blick.  In der Bildmitte das Rifugio Ca d’Asti:

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Nach einem Frühstücksteller Pasta Bolognese im Rifugio heißt es Abschied nehmen von Sonja und Christoph. In einer guten Woche Gran Paradiso und Grajische Alpen gemeinsam durchquert – und die Frisur hält! Danke euch beiden v. a. für die feinen Abende, der nächste Nebbiolo geht auf mich (Stichwort Porterhouse)!

In diesem Sinne: Mahlzeit!

PS: Für mich geht es morgen in den südlichen Abschnitt der GTA, dem ich bis zur französischen Grenze bei Larche zu folgen gedenke. Die Cottischen Alpen sollen nochmals eine Spur lässiger sein, wie ich aus berggängigen Turiner Mündern vernommen habe. Liebe Grüsse an Giorgio und Marco an dieser Stelle!

Marco ist übrigens quasi in seiner Mittagspause auf den Rocciamelone gestiegen. Da soll noch jemand sagen, die Italiener wären kein Wandervolk. In einer Woche werde ich wohl bei deinem Hausberg, dem Monviso sein!

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Schlagwörter: Last modified: 15. September 2016
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