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Am Gailtaler Höhenweg

Der Gailtaler Höhenweg gilt für die wenigen, die ihn kennen, als ‘kleiner Bruder’ des Karnischen Höhenweges. Er verläuft über eine vergleichbare Wegdistanz ebenfalls von Osttirol ins Villacher Becken, allerdings einen Gebirgszug weiter nördlich. Sein Schattendasein rührt in erster Linie daher, dass es über die gesamte Wegstrecke kaum Hütten gibt, die sich als Gastronomieangebot verstehen. In anderen Worten: Großartige Voraussetzungen für eine Selbstversorgertour.

Über die genaue Weglänge ist man sich selbst bei den betreuenden Sektionen nicht so recht im Klaren: Die einen sehen seinen Beginn in Kartitsch in Osttirol, und lassen ihn am Gailbergsattel wieder enden, für andere beginnt der Weg am Gailbergsattel und endet westlich vom Dobratsch auf der Windischen Höhe. Zum Glück gibt es aber einen soliden Wanderführer über alle Abschnitte, den man zB über den Tourismusverband Lesachtal gegen einen geringen Unkostenbetrag beziehen kann. Mir war’s recht, denn ich wollte sowieso alle Abschnitte sehen.

Die Tour

Mitte Mai 2011 – ein paar sonnige Tage in Serie, und der fast ausschließlich südseitig exponierte Weg ist erstmals durchgängig begehbar (vielen Dank an dieser Stelle an snowkid joe, der mir bei der Vorbereitung der Tour einige sehr wertvolle Hinweise zu Schneelage, Hütteninfrastruktur und Trinkwasser gab!).

Bereits am Vorabend brachten mich die Bundesbahnen nach Kartitsch. Eine Zugfahrt, deren paar Euro lächerlich erscheinen für die Kulisse, die sich einem unterwegs bietet. Auf der Strecke kann ich mir einen Großteil des Höhenweges bereits von seiner imposanten Nordseite aus ansehen. “A schiacher Weg”, kommentiert ein einheimischer Bergsteiger am Abend meine Pläne an der Theke des ‘Dorfbergstüberls’. Ob er ihn denn zu Gänze oder nur in Teilabschnitten gemacht hat? Überhaupt nicht, meint er – weil es eben a schiacher Weg sei.

Er soll unrecht behalten. Vor mir liegen 7 großartige Tourentage, deren erste Etappe am folgenden Morgen mit dem Aufstieg zum Namenspatron des Dorfbergstüberls beginnt, und spät abends an der Tirol-Kärntnerischen Grenze auf der Lotteralm enden wird. Mit dem Dorfberg (2115 m) ist nach knapp zwei Stunden der Berggrat erreicht – noch habe ich Mühe, mich nach der langen Winterpause an einen Rucksack mit Zelt, Kocher, Schlafsack und Lebensmittel für eine Woche zu gewöhnen. Doch da der Almauftrieb noch ein paar Wochen auf sich warten lassen wird, gibt’s hier oben noch niemanden, der für mich was kochen mag. Also steht für die nächste Woche recht oft ‘Spaghetti mit Butter und Parmesan’ am Speisezettel.

Mein Wanderführer lässt die Startetappe schon nach dem nächsten Gipfel, dem Golzentipp (2317 m) ausklingen. Das ist mir um 13 Uhr aber dann doch ein bisserl zu früh. Also Mittagessen bei den “Kutteschupfen” auf der Connyalm …

… und bei herrlicher Sicht auf die Karnischen Alpen weiter Richtung Kofelspitz (2185 m) …

… wo es zwischen Gumpedall und Hals (beide ca. 2100) aufgrund einiger Restschneefelder doch noch hin und wieder ein wenig spannend wird. Hier der Aufstieg zum Hals, wo die Geröllkannte mit einigen stabilen Stufen komfortabel begehbar gemacht wurde:

Kurz vor der Lotteralm eine einladende Waldwiese, die seeehr verlockend aussieht, um hier das Zelt aufzustellen. Doch ich entscheide mich, noch bis zur Alm weiterzugehen, in der Hoffnung auf ein überdachtes Platzerl. Womit ich nicht gerechnet hatte: Die Haupthütte rechts unten ist im Winter als Selbstversorgerhütte für jeden zugänglich, es gibt bereits Fließwasser – und sehr saubere Schlafgelegenheiten:

Am nächsten Morgen geht’s durch sturmgebeutelten Wald steil hinauf zur Guggenberger Alm auf rund 1800 m Seehöhe – das Wetter ist mir erneut gewogen:

Vorbei an der bekannten Lesachtaler Wellnessoase ‘Tuffbad’ geht es über die Lackenalm zur laut meinem Wanderführer einzig um diese Jahreszeit fraglichen Stelle am oberen Gailtaler Höhenweg, dem Aufstieg zum Minaritzensattel. Dieser sei bei Nässe heikel, so der Warnhinweis im schlauen Buch. Doch Stefanie, die freundliche Rezeptionistin im Tuffbad, zerstreut jegliche Bedenken: Seit Tagen in der prallen Sonne, keine Gefahr. Also rauf zum Sattel. Hier isser:

Am späten Nachmittag wird’s etwas frisch, am Joch zur Tscheltscher Alpe liegt stellenweise noch knietief Schnee. Doch irgendwie geht’s dann doch auch wieder runter auf die Schartenalm, dem heutigen Tagesziel. Im unversperrten Heustadel steht ein alter Diwan, und fertig ist das heutige Nachtquartier. Ich werde mich morgen noch sehr nach diesem Komfort zurücksehnen:

Frühmorgens geht’s tags drauf gemütlich auf die Mukulin-Hochalm auf knapp 2000 m hinauf …

… das bekannte Blumenmeer auf der Mussen ist um diese Jahreszeit noch nicht so imposant, also marschiere ich zügig weiter auf den Gailbergsattel, der für den heutigen Tag den Endpunkt bildet. Der Giro d’Italia zieht am Nachmittag am Gasthof Gailberghöhe vorbei, aufgrund der vielen mitgreisten Fans ist’s mit einem Zimmer dort an diesem Tag leider Essig. Ein anderes Quartier gibt’s hier weit und breit nicht. Am späten Nachmittag setzt starker Regen ein, drum bin ich dankbar, dass ich mir im Abstellraum eines Nebengebäudes ein Nachtlager einrichten darf.

Am nächsten Morgen steht nach einem üppigen Frühstück die Überquerung der Jauken am Programm – bis kurz vor den Reißkofel solls heute gehen, wo eine Selbstversorgerhütte den Tagesendpunkt bilden wird. Einer der schönsten Aussichtspunkte der Tour steht bereits am Vormittag am Programm – der Jukbichl auf 1889 m. Kurz davor ein Rückblick ins Drautal …

… und nochmals von der Ochsenalm aus, die am Fuße des Jukbichls liegt:

Vom Jukbichl ein Blick ins Tal (ich glaube, daß das Laas bei Kötschach war):

Nun weiter auf die Jauken – mit dem äußerst imposanten Torkofel (2276 m):

Hier nochmals die Hochebene im Rückspiegel …

… und dann die unerfreuliche Wende des Tages: Gewitterwolken ziehen auf und ich bin gezwungen, statt einer Nacht im Schatten des Reißkofels ins Tal abzusteigen. Und als dass nicht Umweg genug wäre: Nördlich der Gail ist partout kein Quartier zu kriegen. So muss ich spät abends über Grafenheim und Gundersheim bis Goderschach herumirren, bis sich endlich ein Wirt erbarmt. Bei den jungen Wirtsleuten im GH Michal lässt es sich aber sehr gut aushalten, und ich habe den Umweg im Nachhinein nicht mehr soo bedauert.

Tags drauf allerdings heisst es, die verlorengegangenen Höhenmeter wieder gutzumachen. Statt in der Südflanke des Reißkofels nach Weißbriach zu gelangen, heisst es auf Asphalt über die Möselalm die Bergseite zu wechslen …

… um hinter Weißbriach nach einem kurzen Abstecher auf den für seinen Namen recht knackigen Mittagsnock am Abend die Naggleralm zu erreichen. Obwohl die Naggleralm normalerweise keine Quartiere hat, hat mir die Chefin des Hauses in freundlicher Hüttenwirtesolidarität ein Gästebett in Aussicht gestellt. Zu dumm, dass ich ausgerechnet einen vorsaisonalen Ruhetag erwischt habe – so wurde es doch wieder eine Nacht im Freien. Glücklicherweise unter Dach, denn es regnete die ganze Nacht. Die Wolken kamen schon vor der Dämmerung …

… aber mir war’s schon egal, es gab ein trockenes Platzerl und Futter.

Am nächsten Vormittag ging’s über Wald und Almen auf des Pinguin’s Hausberg (Golz, 2004 m) – gemütlich geht’s hier zu!

… von wo aus mir leider schon zu Mittag dunkle Wolken entgegenkamen. Also wieder umdisponiert, und die Gratwanderung über den Spitzegel (hier im Bild) …

… für Bier&Pizza direkt am Pressegger See eingetauscht.

Am nächsten Morgen die Strafe für das lukullische Lustwandeln am See: 1.300 Höhenmeter warten, bis am Vellacher Sattel wieder der Wegverlauf des Gailtaler Höhenweges erreicht ist. Der Aufstieg ist aber ein angenehmer – in langen Kehren schlängelt sich der Weg den Ausläufern der Roten Wand hinauf. Es gibt sogar Trinkwasser unterwegs – dem Vogel hier ist es über geschätzte 10 Minuten komplett egal, dass ich neben ihm meinen Trinkbeutel auffülle. Irgendwann isser dann doch munter geworden und weiter gezogen.

Am Vellacher Sattel angekommen, beginnt der einzige Abschnitt am GHW, wo’s mit der Markierung etwas hapert. In der Südflanke der Graslitzen verlaufen sich die Markierungen im sprichwörtlichen Sand – einige Geröllfelder schneiden hier den Weg ab, und dieser wird auf der anderen Seite nicht mehr kenntlich fortgesetzt. Da die dort steilen Wiesenflächen ohne Weg nicht sehr einladend wirken, gehe ich zum Vellacher Sattel zurück und vertraue auf einen in der Kompass-Karte seeehr dünn eingezeichneten Jägersteig im bewaldeten Nordhang. Dieser bringt mich ganz passabel rund um die schroffe Plerscha herum, den Anschluß an die Wegführung auf die Graslitzen habe ich jedoch leider nirgends mehr gesehen. Im Gegenteil, irgendwie fand ich mich 1-2 Stunden später nach einem unplanmäßigen Besuches des Kok (1886 m) auf der St. Stefaner Alm wieder, die nun so gar nicht auf meiner Reiseroute lag.

Über lokale Forstwege steige ich zum Geißrücken auf, um von hier aus die letzten paar Kilometer bis zum Ende des Höhenweges in Angriff zu nehmen. Auch dort noch eine mäßig tolle Überraschung: Ein neuer Weg wurde auf der Route des alten Wanderweges ausgeschoben, alle Markierungen sind futsch. Also blieb ich am Forstweg, bis ich irgendwann mit etwas Glück im Gebüsch eine Markierung entdeckte. Wieder auf den Weg aufgesprungen – und um 20 Uhr auf der Windischen Höhe angekommen- voilá, fein war’s!

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Schlagwörter: Last modified: 6. März 2016
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