Written by 05:18 06 Mariazellerweg, Österreich, Niederösterreich, Steiermark, Tourtagebuch, Weitwandern • 4 Comments

Von Salzburg nach Sopron (Teil II)

Wir erinnern uns – Maria Neustift markierte im Teil I der Voralpentour den letzten Nächtigungsstop im oberösterreichischen Teilabschnitt. Der zweite Bericht beginnt an der Grenze zu Niederösterreich – und endet auch dort: An der Grenze zu Niederösterreich.

Wie schon in den letzten Tagen begann der Ritt ins Land des Präsidentschaftskandidaten mit Nebel. 18 Kilometer trennen Maria Neustift von Waidhofen an der Ybbs, die entlang der Mostviertler Hügelstraßen in 3 1/2 Stunden zu schaffen sind.

Punktgenau am Ortsschild von Waidhofen lichtet sich der Nebel, und am Horizont lässt sich bereits erahnen, wohin die Reise heute geht.

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Eigentlich sollte diese kurze Tagesetappe bereits in Waidhofen enden, und es gäbe hier auch genug zu besichtigen, um sich den Nachmittag zu vertreiben. Doch den Stadtbummel hebe ich mir für ein anderes Wetter auf, heute ist es einfach zu fein, um nicht noch eine Etappe anzuhängen. Natürlich war damit auch klar, dass ich heute in die Nacht kommen werde, doch das ist mir hier an der Ybbs am frühen Nachmittag ziemlich wurscht.

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Rastbankerl werfen sich mir in den Weg …

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… und ich denke darüber nach, welchen Typ Haus ich mir in welchem Bundesland kaufen werde, sollte ich mich doch einmal dazu hinreissen lassen, trotz geringer Kapitalrendite in die Anlageform “Euromillionen” zu investieren.

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Über Ybbsitz, einem Hauptknoten in der geschichtsträchtigen “Eisenwurzen”, geht es auf einen einsamen Hügel mit verstreuten Gehöften, von denen ich aber nicht mehr allzuviel Notiz nehme, weil ich in der einbrechenden Dämmerung auch nicht mehr allzuviel sehe.

Genächtigt wird an der Schwarzen Ois nahe einer weiteren Wallfahrtskirche namens Maria Seesal. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass es mich in diese ruhige Ecke Niederösterreichs bislang noch nie verschlagen hat. Dank etlicher vorangegangener Besuche in der Südsteiermark ist mir so einen Abend lang immer wieder derselbe Lapsus widerfahren. Doch die netten Schwarzoisener schwiegen höflich, wenn ich Ihr heiliges Denkmal den ganzen Abend lang “Maria Sausal” nannte.

Die Schwarze Ois, wie man den oberen Teil der Ybbs hier nennt, entspringt nicht allzuweit weg von der Kirche im Feierabendgraben. Hier am plätschernden Wasser leben nicht viele Menschen, doch die, die ich kennengelernt habe, sind aus einem äußerst freundlichen Holz geschnitzt. So war meine Unterkunft bei der Familie Obermüller nicht nur sehr sympathisch, auch war das absolut moderne und neu eingerichtete Apartment (!) meine günstigste Bleibe auf der gesamten Tour (die 6-Bett-Jugendherberge natürlich ausgenommen). Dass die Juniorchefin großen Wert auf biologische Landwirtschaft legt, bescherte mir überdies ein großartiges Frühstück.

Kindergartenkinder sind meine Verbündeten, was frühes Aufbrechen betrifft, und so konnte ich rechtzeitig in einen weiteren hochsommerlichen Novembertag starten. Heute war es jedoch auf den ersten Metern ein bisserl frisch. Das ist aber nichts, was ein 300 Höhenmeter-Aufstieg um sieben Uhr morgens nicht richten kann.

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Der Blick am Weg hinauf aufs “Gschaid” ist auf den Boden gerichtet …

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… und oben an jenem Sattel, der das Eingangstor ins Ötscherland markiert, werde ich von der aufgehenden Sonne bereits erwartet.

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Entlang des Eisenbahnweges, der direkt neben den Geleisen der Ybbstalbahn, und damit unverfehlbar nach Lunz am See führt, gelange ich ans Nachsaisonsufer, das wieder einmal mir allein gehört …

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… also zumindest solange, bis Akka von Kebnekayse zur Landung ansetzt …

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… und der Präsident persönlich Nachschau hält, ob ich auch willens bin, für den Eintritt in sein Reich den ihm zustehenden Tribut zu zollen.

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Nachdem eine Semmel den Besitzer gewechselt hat, geht’s am Promenadenweg zum Ostufer des Lunzer Sees. Auch nicht der schirchste Fleck – und schon wieder knabbert eine Immobilie an meinem imaginären Euromillionengewinn.

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Ich vergaß zu erwähnen: Seit Beginn dieses Berichtes befinde ich mich nicht nur am Salzburger, sondern auch am Oberösterreichischen Mariazellerweg. Von insgesamt sieben offiziellen Startpunkten aus kann man seine Sündenlast zur Gnadenmutter schleppen – die Oberösterreicher machen das ab Maria Neustift im Verbund mit den bußfertigen Salzburgern.

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Mein Weg ist – wohl dank übersichtlichem Sündenregister – kein besonders steiniger …

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… und so gelange ich leichtfüßig über Lackenhof und den Riffelsattel (ich glaube, das ist der höchste Punkt auf meiner Strecke, der Sattel liegt etwas unterhalb des Ötschergipfels) in die berühmten Ötschergräben. Dort werde ich freundlich empfangen – von einem erneut traumhaften Novembervormittag, Menschen sehe ich allerdings bis Mariazell nur wenige.

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Die Aufgabenstellung in den Ötschergräben ist einfach: Auf einer Seite stets aus mehr oder weniger großer Höhe auf den sprudelnden Ötscherbach hinuntersehen, während bergseitig meist eine Seilsicherung als Handlauf dient. Die große Dichte an Sicherungen ist hier aber wohl eher der Beliebtheit der Gräben als Ausflugsziel geschuldet als irgendeiner reellen Gefahr. Meist geht es gemütlich auf breiten Wegen talauswärts …

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… bis man irgendwann die Raststätte “Ötscherhias” erreicht, die wie jedes Jahr pünktlich am 26. Oktober ihre Pforten geschlossen hat. Egal, ich hatte dem hungrigen Schwan einen Teil meines Proviantsackerls verschwiegen, und so genoss ich auf einem geheimen Aussichtsfelsen den einen oder anderen Mittagssonnenstrahl.

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Ein skuriller, sogar in der offiziellen Kompass-Karte eingezeichneter “Naturlehrpfad” brachte mich später nach Mitterbach am Erlaufsee. Während rechter Hand eine Abfolge liebloser Schilder die Namen verschiedener Bäume und Sträucher herunterratterte, gab es links immer wieder schöne Blicke auf die verschiedenen Facetten des Erlaufstausees.

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Nun konnte mich nichts und niemand mehr von meinem zweiten Teilziel abhalten: Gestärkt mit Frittatensuppe und Naturschnitzel trat ich die letzten sieben Kilometer nach Mariazell an. Ein schöner Waldweg versüßte mir den Abschluss der beiden westlichen Mariazellerwege. Und pünktlich mit Einbruch der Dämmerung betrat ich die Basilika, und freute mich über das – letztlich ausgeschlagene – Angebot, für wohlfeile 2 Euro das leere weiße Feld auf der Rückseite der persönlichen Mariazellercard mit meinem Namen zu personalisieren.

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Wie anfangs versprochen, lasse ich diesen zweiten Bericht jedoch noch bis ins Niederösterreichische hineinreichen. Nach einem haubenverdächtigen Abendessen im ÖAV Vertragshaus Ochsenwirt und einer sehr geruhsamen Nacht trat ich am nächsten Tag die Abschlusswoche meiner Tour an. Sie soll der Einfachkeit halber dem Burgenländer Mariazellerweg folgen, der die gläubigen Pannonier von Eisenstadt in die Obersteiermark bringt, mich jedoch in umgekehrter Richtung am Schneeberg vorbei in die Bucklige Welt führen wird, und mir den geplanten Abschluss in Ödenburg ermöglicht.

Den burgenländischen Pilger erwartet auf seinem letzten Weg zur Gnadenmutter eine besonders harte Prüfung. Wenn er im Preintal in den Tag startet, stehen ihm gleich in der Früh 13 besonders eintönige Forstwegkilometer ins Haus. Und das war der schönere Teil des Tages, denn: Hat er dann endlich den Lahnsattel erreicht, folgen weitere 17 Asphaltkilometer direkt auf der Halltaler Landstraße, von denen man erst vor den Toren der Basilika erlöst wird. Ich bin mir daher nicht sicher, ob es immer religiöse Motive sind, die den Burgenländischen Wallfahrer am Hauptplatz von Mariazell dankbar auf die Knie sinken lassen.

Da ich in umgekehrter Richtung unterwegs bin, gibt es Asphalt zum Frühstück. In Terz, dem letzten Ort im Halltal, betritt man nach zweitägigem Gastspiel in der Steiermark wieder niederösterreichischen Boden.

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Die bereits angesprochenen 13 Kilometer am Forstweg folgen auf den Fuß, und immer wieder stößt man auf Spuren gelangweilter Mariazellerpilger, die entlang des kilometerlangen Wildzaunes der Hoyos’schen Forstverwaltung auf vielfältige Weise ihren Glauben an ein Ende dieser irdischen Tortur zum Ausdruck bringen.

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Obwohl der Weg über weite Strecken keine Höhenunterschiede aufweist, gibt es doch einige Stellen, an denen es – aus Sicht der Wallfahrer – plötzlich steil bergauf geht. Amüsiert male ich mir aus, warum es gerade hier zu einer besonders hohen Dichte an Wallfahrer-Denkmalen kommt …

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“Geh Froounz, entweder mir nagl’n de depperte Tafel jetzt auf irgend a Feicht’n, oder Du kounst sie ab jetzt selber den Berg auffezah’n!”

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Kaum wird es wieder eben, verebben auch die Glaubensbezeugungen, und die Natur übernimmt abermals die Landschaftsgestaltung.

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Und hier lasse ich den zweiten Teil meines Berichtes enden.

Zu Teil I
Zu Teil III

Steckbrief:

Start:  Salzburg City
Ziel:  Sopron City
Kilometer:  460
Tourentage:  15 (Teil II: 8 bis 11)
Pausentage:  0, da
Regentage:  0

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